Reinwaschtag am
Stadtbrunnen
Franz Schubert, hätte er in Waidhofen geweilt, hätte
sein Liedchen andersrum gereimt: Statt "Am Brunnen vor dem Tore" hätte
er - kraft hiesiger Inspiration - auch gut "Die Tore vor dem Brunnen"
ins Notenbüchlein kritzeln können.
Ein Gemeinderatsbeschluss, gefasst am Wochenanfang, hat nun endgültig das
Gemurmel und Geplätscher in der Stadt um den neuen Wasserspender am Marktplatz
beendet. Die moderne Stahlwanne des preisgekrönten Architekten Ernst Beneder
bleibt jetzt doch an ihrem Platz, wird keinen Zentimeter verrückt.
Davor spielte sich eine Groteske um Bürgerrechte und
Kunst im öffentlichen Raum ab.
Zur traurigen Gestalt in dem reichlich merkwürdigen Konflikt wandelte sich
Erich Vetter. Der Altbürgermeister, der mit 1300 Unterschriften laut Stadtrecht
eine Volksbefragung über das von ihm ungeliebte Wahrzeichen erzwang und dann
flugs im Abtausch für eine Verlegung des Gebildes um ganze zehn Meter zurückzog,
ging so lange zum Brunnen, bis er brach: Als "Kompromiss" konnte sich
Vetter mit Bürgermeister Wolfgang Mair nun einigen, statt der Versetzung des
Brunnens aus Privat- und Gemeindegeld ein Sümmchen dem Roten Kreuz zu spenden.
Was hat das miteinander zu tun?
Es sei denn, wir dürfen die Gabe als Reinwaschung für
verwehrte Bürgerrechte betrachten. Woanders werfen die Leute ja auch
Groschenstücke in einen Brunnen.
Vielleicht hätte man der Tränke aus Edelblech doch eine klassische Gestaltung
auf den Marktplatz vorziehen sollen mit Stadtpolitikern als Brunnenfiguren. Aus
deren Mündern es so richtig schäumt und sprudelt.