O.Ö.N. von 2002  von Hannes Fehringer

Reinwaschtag  am Stadtbrunnen

Franz Schubert, hätte er in Waidhofen geweilt, hätte sein Liedchen andersrum gereimt: Statt "Am Brunnen vor dem Tore" hätte er - kraft hiesiger Inspiration - auch gut "Die Tore vor dem Brunnen" ins Notenbüchlein kritzeln können.

Ein Gemeinderatsbeschluss, gefasst am Wochenanfang, hat nun endgültig das Gemurmel und Geplätscher in der Stadt um den neuen Wasserspender am Marktplatz beendet. Die moderne Stahlwanne des preisgekrönten Architekten Ernst Beneder bleibt jetzt doch an ihrem Platz, wird keinen Zentimeter verrückt.

Davor spielte sich eine Groteske um Bürgerrechte und Kunst im öffentlichen Raum ab.

Zur traurigen Gestalt in dem reichlich merkwürdigen Konflikt wandelte sich Erich Vetter. Der Altbürgermeister, der mit 1300 Unterschriften laut Stadtrecht eine Volksbefragung über das von ihm ungeliebte Wahrzeichen erzwang und dann flugs im Abtausch für eine Verlegung des Gebildes um ganze zehn Meter zurückzog, ging so lange zum Brunnen, bis er brach: Als "Kompromiss" konnte sich Vetter mit Bürgermeister Wolfgang Mair nun einigen, statt der Versetzung des Brunnens aus Privat- und Gemeindegeld ein Sümmchen dem Roten Kreuz zu spenden.

Was hat das miteinander zu tun?
Es sei denn, wir dürfen die Gabe als Reinwaschung für verwehrte Bürgerrechte betrachten. Woanders werfen die Leute ja auch Groschenstücke in einen Brunnen.

Vielleicht hätte man der Tränke aus Edelblech doch eine klassische Gestaltung auf den Marktplatz vorziehen sollen mit Stadtpolitikern als Brunnenfiguren. Aus deren Mündern es so richtig schäumt und sprudelt.