Im Sommer haben Sie Asphalt gegen Granit ver-tauscht!
.......und jetzt im Fasching schlagen Sie wieder zu
Fasching 2001: Ein ver-rückter Rundgang durch Waidhofen!
Mit großer Freude las ich im Boten von der Ybbs, dass die Waidhofner Geschäfte ihre Auslagen austauschen. Diese wundervolle Idee brachte mich auf den Gedanken, wieder einmal meine alte Heimatstadt zu besuchen, war ich doch schon seit über 20 Jahren nicht mehr hier.
Nach der bequemen Bahnfahrt ging ich in die Stadt und kehrte im gemütlichen Gasthof zum Halbmond ein. Schnell war ich in alte Erinnerungen versetzt, das Schnitzerl war gut wie vor 50 Jahren und die Einrichtung machte schnell meine Erinnerungen wach.
Gestärkt stand ich auf, um mir die Aktivitäten der Geschäftswelt von Waidhofen zu Gemüte zu führen.
Und ich war verblüfft: Fast jedes Geschäft hat sich zur Faschingszeit so verändert, das ich glaubte, in einer anderen Stadt zu sein.
Schon beim Ortseingang, bei meinem geliebten Delikatessengeschäft Wuchse, wo ich mir oft Schlecker gekauft habe, haben sie den Namen dieses Artikel gleich an die Hauswand gepinselt. Gleich gegenüber hat sich der Tapezierer Maierhofer in eine Handarbeits-stube verwandelt und beim Blaschko saßen Billakassiererinnen im Büro. Die gegenüberliegende "Bastelzentrale" hat sich Fotoapparate in die Auslage gestellt und komischerweise mit Hartlauerpreisschilder beklebt.
Begeistert von dieser Aktion wollte ich schnell beim Pascher auf ein Bier gehen, doch halt, der beliebte Gastronom hat sich für die Faschingszeit Pelze in die Küche gehängt. Weiter ging ich den Freisingerberg hinauf in die Fleischerei Wagner. Diese hat sich einen "Spar" Schild auf das Haus montiert, aufwendig, aber sicherlich dem Motto ver-rückt angepasst.
Das ehrwürdige Stadtdenkmal "Stock im Eisen" wurde ebenfalls maskiert, ein goldenes Schürzchen symbolisiert die närrische Zeit. Schnell kam ich zum Stadtturm, und die Fischhandlung im Turm macht Reklame zum Fliegenfischen. Besonders lustig fand ich jedoch die vorrübergehende Entfernung des Wetterhäuschen. Fehlt Dir was ? ..wird derzeit den Waidhofnern kabarettreif dargebracht. Und weil Fasching ist, darf sich sicherlich auch der Bauhof einmal einen Scherz erlauben und das Wetterhäuschen verstecken. Nun ging ich weiter in Richtung Kirche zu Hraby, der aber plötzlich Kopien statt "Humanic" in der Auslage stehen hat und sich zu meinem Gaudium als "Fügerl" bezeichnet. Lustig, diese Wortspielerei des alten Kurt. Dann stehe ich beim Schediwy, und wieder vor einer gelungenen Auslage. Plastikbusen und Fotoapparate stehen statt den Teppichen und Anzügen für den Betrachter bereit. Absolute Spitze ist allerdings die gegenüberliegende Seite. Hermann Zeilinger hat plötzlich Räder in der Auslage, der Pürgy Hermann verkauft statt Hüte nun Reisen und Frau Fabian hat ihre Auslage gar mit Semmeln und Haushaltsgeräte ausgestattet. Beim Glasermeister Gerhard gibt es Sexheftl`n und Zigaretten in der Auslage und beim Zeckl sind es die "schöpsernen" Trendkleiderl, welche anstatt der Masschuhe ausgestellt sind. Beim Hirschlehner sind für die närrischen Tage die Fernseher aus der Auslage verschwunden, dafür gibt es Pizza und Nudeln als Kostprobe. Sehr gelungen ist auch der Auslagenwechsel beim Buchbauer. Anstatt der Märklin drehen dort Handys ihre Runden und beim Radgeschäft Mörtelmayer stehen dafür die Playmobil und Lego im Vordergrund.
Etwas verwirrt, aber angetan von der Schaffenskraft des Stadtmarketing, wollte ich mir beim Rosenzopf einen Revolver anschauen, doch leider, die haben in ihrer Auslage momentan nur Mädchenhemden placiert. Beim Uchytil statt Hüte und beim Seeböck statt Hemden erspähe ich "Andre" Artikel in den Auslagen. Sport Hraby wiederum hat seine Auslage mit altem Ramsch dekoriert.
Da hatte ich eine Pause nötig und ich wollte ins MüGu, um mir einen Kaffee zu kaufen. Doch halt, die haben schnell mit Raiffeisen die Auslagen ver-rückt.
Daher ging ich zurück zum Freisingerberg, um meinen alten Freund Fritz Harb zu besuchen. Doch der hatte schnell seine Waschmaschinen gegen Bücher ausgetauscht. Na, wenn der Harb nicht da ist, so dachte ich mir, besuche ich wenigstens meine alten Freunde vom Unteren Stadtplatz, dem Grün Bertl seine Eisenwarenhandlung, dem Fellner Willibald sein Früchtegeschäft, dem Krall Peter seinen Radioladen und dem Wagner Franz seine Mehlhandlung. Doch diese haben die beste Auslagenver-rückung durchgezogen. Kindermode statt Nägel, Schirme statt Orangen und Bananen, Goldschmuck statt Radios und Putzerei statt Milch und Mehl. Täuschender hätte man das Spiel der ver-rückten Auslagen wohl nicht spielen können. Völlig verblüfft war ich auch beim Hojas Haus, dass man auf "Stille Post" getrimmt hat. Statt Pinsel und Besen sah ich Weine und Biere in der Auslage, in der Schneiderei Schüssleder hängt Desingerware aus Italien und im Hinterhof werden gar die Damen unter den Haarföhn gesetzt und Blumen in den Auslagen placiert. Aber auch das alte Bernauergeschäft hat bei der Aktion mitgemacht und Brillen und Thermometer in die Lebensmittelauslage verfrachtet um die Besucher zu verwirren.
Als ich mich beim Czermak etwas laben wollte, hielt mich ein ver-rücktes Schild - "die Pizzeria ist Nachmittag geschlossen " davon ab, und beim Friseur Müller wollten sie mir eine Fernreise nach China verkaufen.
Komisch und einfallsreich, diese Mischung war den Ybbstalern schon immer ins Gesicht geschrieben!
Selbst das alte Büro vom Hotel Inführ haben die Waidhofner für ihren Faschingsulk in eine Bäckerei verwandelt. Und aus dem Hotel samt Ballsaal haben sie kurzfristig einen Supermarkt gemacht. Zum Glück ist diese Aktion nur ein Faschingsscherz, denn was wäre Waidhofen ohne sein "Inführ". Eine Fremdenverkehrsgemeinde ohne Hotel in der Innenstadt, das gibt es in der ganzen EU nicht.
Lustig fand ich auch den Auslagenwechsel von Elektro Kopf. Fische und Muscheln statt Glühbirnen gab es in der Auslage zu sehen.
Siebenherz Gust war ebenfalls erfinderisch und bemalte seine Auslagen ganz im Stil eines fortschrittlichen Künstlers.
Und auch WiBe, Waidhofens Aushängeschild der Kaffeerösterei, hat mit einer "Mehlspeis Ringauslage" durchaus Mut bewiesen.
Völlig von den Socken war ich über die Auslage meiner geliebten Lehrerin Radmoser. Statt ihrer bekannten "Underware" sind plötzlich glitzernde Ringe zu sehen. Und Sport Flasch hat gleich mit Kosmetikartikeln seine Auslage geschmückt. Moden Bruckschwaiger hingegen blieb konservativ und tauschte die Auslagen etwas schmucklos mit der Oberbank.
Gut gelungen ist auch der vorübergehende Outfitwechsel des Hotel Rote Rose. Übernachtungsmöglichkeiten raus, Textil und Taschenverkauf rein, für den Fasching sicher eine lustige Variante. Und erst beim Juwelier Kudrunka. Hier wurde die Auslage gleich mit der Bank Austria gewechselt, gut dass in Waidhofen nur Fasching ist.
Leider fielen mir auch Geschäftsleute auf, welche scheinbar nicht auf die Erfordernisse eines modernen Marketings Rücksicht nehmen. Neben der Drogerie Schönheinz, dem Modegeschäft zum Stadtturm, der Farbenhandlung Schalk, der Papierhandlung Kappus, der Konditorei Erb, dem Geschirrgeschäft Brandl und einigen mehr, war auch der sonst immer so umtriebige Zuckerbäcker Piaty nicht bereit, sein Geschäft zu ändern. Damit zeigte sich wieder einmal, dass es leider noch immer Geschäftsleute gibt, welche die modernen Marktstrategien der professionellen Berater nicht zur Kenntnis nehmen.
Aber das macht nichts. Ich werde im Sommer wieder kommen, in den innerstädtischen Hotels Inführ oder Rote Rose übernachten, beim Wetterhäuschen die Temperatur ablesen, beim MüGu meinen Kaffee trinken, beim Müller die Haare schneiden lassen, beim Hraby mir die Schuhe kaufen, beim Klar, Leibetseder oder Bruckschwaiger mich einkleiden und beim Wuchse und Fellner natürliche Lebensmittel kaufen. Und ich werde Zeit finden, um abends dem "Schau hinab" einen Besuch abzustatten.
Dann werden die Auslagen und Geschäfte wieder zurück-ver-rückt sein, und Waidhofen wieder das sein, was es berühmt gemacht hat:
Eine Stadt voll Freude, mit Geschäften von Waidhofnern für Waidhofner, ohne Ketten und Diskonter, mit Hotels in der Innenstadt und mit den schmiedeeisernen Kulturgütern.
Das UFO-perl im Februar 2001